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Sächsischer Apotheker gibt zu:
Haltbarkeitsdatum war längst abgelaufen

(Leipziger Volkszeitung)

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Freistaat wegen Hilfslieferungen an Erdbebenopfer in der Türkei kritisiert - Medizinische Hilfsgüter tonnenweise unbrauchbar und gefährlich


Dresden/Gießen/Izmit. "Das kann ich mir nicht vorstellen", reagierte Thomas Uslaub auf die Nachricht, große Teile der sächsischen Hilfslieferungen an die Erdbebenopfer in der Türkei seien unbrauchbar, gar gefährlich, wenn sie denn zum Einsatz gekommen wären. Ungläubig nahm der Sprecher im sächsischen Innenministerium die Vorwürfe zur Kenntnis. Unglauben auch bei den Mitarbeitern der Türkisch-Deutschen Gesundheitsstiftung in Gießen. In ihrem Namen sollten acht Tonnen medizinische Hilfsgüter aus Sachsen in das Erdbebengebiet rund um Izmit, Gölcük und Adapazari transportiert werden. Dass die medizinischen Hilfsgüter zum allergrößten Teil verdorben waren, hatten Mitarbeiter der Mannesmann-Niederlassung am 8. Oktober in Izmit herausgefunden. Kurz nach dem Tag des Erdbebens am 17. August hatte das sächsische Innenministerium ein Hilferuf aus der Türkei erreicht. Sachspenden kamen von Hilfsorganisationen wie Arbeitersamariterbund, DRK, Krankenhäusern oder Apotheken. Um ganz sicher zu gehen, dass nur einwandfreie Hilfsgüter geschickt werden, seien die Medikamente, Verbandsstoffe und andere Utensilien geprüft worden, bevor sie Dresden am 9. September in Richtung des ehemaligen US-Militärflughafen Hahn im Hunsrück verließen. "Unsere Mitarbeiter haben den Inhalt stichprobenartig geprüft und für gut befunden", gibt Uslaub Ergebnisse erster Nachforschungen an. Doch zumindest ein Apotheker aus Sachsen soll dem Geschäftsführer der Mannesmann-Niederlassung in Izmit, Dr. Wilhelm Langhardt, zugegeben haben, medizinische Hilfsgüter geliefert zu haben, deren Mindesthaltbarkeitsdaten längst abgelaufen waren. Auf das Drängen Langhardts habe der Apotheker schließlich gesagt: "Vor zehn Jahren hätten wir uns über solche Sachen gefreut. Wenn Sie sie nicht gebrauchen können, dann schmeißen Sie sie doch weg." In einem Schreiben vom 18. Oktober an den Vorsitzenden der Türkisch-Deutschen Gesundheitsstiftung, Dr. Yasar Bilgin, hatte Langhardt wiederholt, was er schon dem sächsischen Innenministerium dargestellt hatte: "Wir haben hier seit dem 18. August ein Hilfszentrum im Werk aufgebaut. Dabei sind tonnenweise medizinische Hilfsgüter wie Verbandsstoffe, Salben, Kompressen und anderes von Ihrer Organisation unter Ihrem Namen angekommen, die teilweise bis zu 30 Jahren das Sterilisationsdatum überschritten hatten." Inzwischen ist das Ministerium selbst an einer Aufklärung interessiert. Zwei Sachverständige sollen in die Türkei geschickt werden, um Beweismaterial sicherzustellen. Außerdem soll sich die Staatsanwaltschaft mit dem Vorgang befassen.

Christoph v. Gallera

 

 

 

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