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Den Virus einfach nicht mehr reinlassen

 

Deutsche Forscher blockieren Übertragungswege bei Grippevirus

 

 

Von Christoph von Gallera

 

Die Nachricht stand zuerst auf den Internetseiten des Wissenschaftsmagazins Nature Cell Biology: Deutsche Wissenschaftler haben eine Möglichkeit gefunden, den Grippevirus aufzuhalten. Die Ergebnisse der Forschungsarbeit des Gießener Virologen Dr. Stephan Pleschka und seiner Forscherkollegen kommen offiziell im März in der gedruckten Version des Magazins auf den Markt. Das besondere daran. Die Auswahlkriterien der Nature-Redaktion richten sich unter anderem danach, ob ein Forscherteam einen Beitrag liefert, der einen entscheidenden Fortschritt für die Wissenschaft bedeutet und nach Möglichkeit auch noch einen eleganten und unkonventionellen Lösungsansatz für aktuelle Probleme liefert. Einen solchen Weg haben Stephan Pleschka aus Gießen, Gerd Hoborn vom Gießener Institut für Mikro- und Molekularbiologie, Oliver Planz von der Bundesforschungsanstalt für Viruserkrankungen der Tiere in Tübingen, Thorsten Koch vom Robert Koch Institut in Berlin, sowie Christina Ehrhardt, Ulf Rapp und Stefan Ludwig vom Würzburger Institut für Medizinische Strahlenkunde und Zellforschung der Julius-Maximilians-Universität nach Ansicht von Nature nun gefunden. Bisher sei es quasi so, dass bei einer Impfung dem Virus der Weg zur Zelle versperrt werde, in dem Antikörper den Zugang zur Zelle blockieren. "Es ist eine Frage der Zeit, dass das Virus sich auf diese Antikörper durch eine veränderte Form anpasst. Unsere Gruppe hat einen Weg in der Zelle gefunden, den alle Influenza A Viren gleicher maßen nutzen und wir haben diesen Weg blockiert. Damit schneiden wir das Grippevirus von einer wichtigen Vermehrungsgrundlage ab, die es braucht, um sich zu vermehren. Wir konnten so die Vermehrung verschiedenster Influenza A Viren hemmen. ", schildert Pleschka plakativ das neue Verfahren. "Wir haben allerdings nur die Grundlagen erforscht", bremst der Wissenschaftler jede Euphorie.

"Wir haben gar nicht die Möglichkeiten, weiterführende Studien anzustellen oder gar in die Produktentwicklung zu gehen". Jetzt sei die Pharma-Industrie gefragt, die herausgefundenen Grundlagen zu einem marktreifen Medikament zu entwickeln. Bis dahin sei aber mehrere Phasen zu durchlaufen, in denen die Verträglichkeit und die Wirksamkeit eines auf den Forschungsergebnissen beruhenden neuen Wirkstoffes gegen das Grippevirus getestet werden müssen.

Die Forschungen hatten bereits 1997 begonnen, als Kooperationsprojekt.

"Das ist neben unserer eigentlichen Arbeit gelaufen. Das es so lange gedauert hat, liegt aber auch an den Inhibitoren, die wir brauchten, um unsere Versuche zu machen", berichtet Pleschka über den Weg zum jetzigen Ergebnis. Die so genannten Inhibitoren waren notwendig, um heraus zu finden, was passiert, wenn dem Virus der Weg in der Zelle versperrt wird. "Es gab im Grunde nur zwei mögliche Ergebnisse: Entweder wäre die Virusvermehrung erst recht ausgelöst worden, oder es konnte genau das geschehen, was jetzt bekannt geworden ist: der Erreger vermehrt sich schlechter." Bei dem so genannten Inhibitor handelt es sich um eine chemische Substanz, die verhindert, dass das so genannte MEK-Protein vom Virus aktiviert werden kann. Dieses zelleigene Eiweiß braucht das Grippevirus, um neue Erreger auszubilden. "Wir haben den Grippevirus nicht direkt angegangen, sondern sozusagen einen Umweg genommen. Hätten wir einen direkten Blockadeweg gesucht, wäre es vermutlich eine Frage der Zeit gewesen, bis das Virus sich darauf eingestellt hätte. Mit dieser Methode hat das Virus keine Möglichkeit, sich zu verändern", betont Pleschka. Genau in dieser Wandlungsfähigkeit liege die Gefährlichkeit des Grippevirus. "Deswegen müssen wir uns jedes Jahr neu impfen lassen, da die Antikörper die gegen den Impfstoff vom letzten Jahr gebildet worden, nicht mehr wirksam sind", erklärt der Biologe abschließend.

 

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